Die mittelalterliche Wandmalerei zu Weihnachten.
Passend zu Weihnachten möchte ich euch eine Engeldarstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche vorstellen. Ich vermute mal, dass viele von dessen Anwesenheit nichts wissen, da 1. die Darstellung hinter der Orgel verborgen liegt und 2. diese sehr schlecht erhalten ist.
Es handelt sich dabei um eine mittelalterliche Wandmalerei aus der 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, welche sich neben dem Volto Santo (einen Beitrag zu dieser Wandmalerei findet ihr hier) im Chor der ehemaligen Kirche befindet. Aufgrund des Erhaltungszustandes ist die dargestellte Szene nicht mehr benennbar, aber wir können auf der Bildfläche noch drei Engel ausmachen.

In der linken unteren Bildhälfte, über der Sakristeitür, ist ein kniender, nach rechts gewandter Engel im Dreiviertelprofil auszumachen. Über ein grün-gelbes Untergewand trägt er einen grün-ockernen Mantel aus Brokat (= ein schweres, festes und gemustertes textiles Gewebe aus Seide oder Rayon, in das Gold- oder Silberfäden eingewoben sind), seine rosafarbenen Flügel sind fragmentarisch erhalten. In der oberen Bildmitte ist ein Engel mit weißem Gewand und grünen Flügeln zu erkennen. Rechts daneben ein weiterer Engel mit hellgrünem Gewand, grünem Mantel und blauen Flügeln.

Des Weiteren sind fragmentarisch noch eine Figur mit roter Tunika und grünem Mantel und ein vertikaler Kreuzbalken zu erkennen. Unter den Figuren befindet sich ein bogenförmiges Schriftband, welches, aber bis auf das Wort „pane“ nicht mehr lesbar ist. Unter den Engeln ist eine kleinfigurige Szene dargestellt. Unterhalb des Schriftbandes ist eine Menschengruppe abgebildet, welche hinter einer brüstungsartigen Architektur steht.

Man könnte annehmen, dass die Wandmalerei wegen ihres Zustandes „nichts Besonderes“ ist, aber falsch gedacht. Denn das, was noch erhalten ist, gibt uns Aufschluss auf den Künstler. Dieser lässt sich nämlich im direkten Umfeld des berühmten Nürnberger Malers Hans Pleydenwurff vermuten. Jetzt kommt vielleicht die Frage auf, wie man denn bei so wenig Erhaltenem einen Stil eines Künstlers erkennen soll? Dafür reichen schon kleinste Bestandteile eines Gemäldes, wie in diesem Fall das Gesicht des knienden Engels. Die Physiognomie des Engels ähnelt den mandelförmigen Gesichtern Pleydenwurffs mit fein gezeichneten Augen und zierlichem runden Kinn. In einer früheren Version des Kalvarienbergs aus dem Jahr 1456 ist die Ähnlichkeit von dem knienden Engel und dem zum Kreuz blickenden Johannes so eindeutig, vor allem die Augenpartie mit den schmalen Augenbrauen, dass dies schon für eine vermutete Zuweisung reicht.
Ich wünsche Euch frohe Weihnachten!
Verwendete Literatur:
- Schädler-Saub, Ursula: Gotische Wandmalereien in Mittelfranken. Kunstgeschichte Restaurierung Denkmalpflege (=Arbeitshefte des Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege Bd. 109). München 2000.
- Strieder, Peter: Tafelmalerei in Nürnberg 1350 – 1550. Kat. Ausst. Nürnberg. Königstein im Taunus 1993.
Abbildungen:
Die Fotos wurden von Eva Wittmann aufgenommen.