Eine Renaissancefestung über den Dächern von Weißenburg.
Eine der Hauptsehenswürdigkeiten in Weißenburg ist ganz klar die Wülzburg. Eine sehr gut erhaltene Festung, die über den Dächern Weißenburgs thront. Bevor die Festung erbaut wurde, befand sich dort ein Kloster aus dem 11. Jahrhundert. Die Geschichte dieses Ortes geht damit bis ins frühe Mittelalter zurück.
Über den Klosterbau ist nichts Näheres bekannt. Wir wissen aber, dass es ein Benediktinerkloster war und dass es zur Diözese Eichstätt gehörte. Doch war das Kloster kein Ort der Ruhe und Einkehr, denn Geschichten über abtrünnige Mönche und Morde sind bis heute überliefert. Ab Ende des 14. Jahrhunderts war das Kloster dem Burggrafen von Nürnberg unterstellt, was verheerende Folgen hatte, denn dadurch wurde es immer wieder in kriegerische Auseinandersetzungen mit hineingezogen. So raubten auch 1451 Weißenburger Bürger das Kloster aus und steckten dieses in Brand. Anfang des 16. Jahrhunderts wurde das Kloster schließlich aufgelöst, die Gebäude dienten folglich nur noch als Bauernhof.
1588 wurden die Klostergebäude abgerissen, um dort den Bau der neuen Festung Wülzburg zu beginnen. Markgraf Georg Friedrich d. Ä. von Brandenburg-Ansbach und -Kulmbach lies sich eine Festung im neuitalienischen Stil errichten. Eine regelmäßige fünfeckige Bastionäranlage aus Kalkstein. Das Besondere daran ist, dass durch diese Bauweise keine Toten Winkel entstehen und somit die Festung gut verteidigt werden konnte. Wenn man aus der Vogelperspektive auf die Wülzburg blickt, dann lässt sich erkennen, dass die Bastionen (= eine Anlage, die aus der Linie eines Festungswalls vorspringt) zur Hauptangriffsseite im Südwesten verstärkt ausgebaut wurden. Die fünf Bastionen tragen vom Eingang im Süden gegen den Uhrzeigersinn die Namen: Jungfrau, Krebs, Rossmühle, Kaltes Eck und Hauptwache. Die Bastionen sind mit sogenannten Kurtinen verbunden (= breite, oben begehbare Verbindungsmauer zwischen zwei Bastionen). Ein gedeckter Weg umfasst die komplette Festung und ist auch heute noch sehr gut erhalten, was bei deutschen Festungen dieser Zeit doch eine Ausnahme ist und bei einem 1km langen Rundgang begangen werden kann.
Nun muss man die Festung auch irgendwie betreten, dafür gibt es ein Zugangstor im Süden, welches das Wappen des Markgrafen und seiner Frau Sophie innehat. Die Wandflächen werden von kräftigen Bandrustika umzogen. Dadurch sticht das Tor gegenüber den schlichten Mauern der Festung deutlich heraus.


Im inneren der Festungsmauern befindet sich eine zweiflügelige Schlossanlage, welche ab 1599 erbaut wurde und bis ins 21. Jahrhundert zahlreiche Umbauten und Ergänzungen durchlief. Besonderheiten sind der Arkadengang (= Gang, dessen Seite von einer Bogenreihe begrenzt wird) mit Rustika in Renaissancemanier und eine Reitertreppe. Diese Treppe kann, wie der Name schon sagt, beritten erklommen werden. Alte Bausubstanz ging bei einem Brand, welche in der Schlossküche seinen Ursprung hatte, im Jahre 1634 verloren. Das Schloss wurde erst 20 Jahre späte wieder aufgebaut, da durch den Dreißigjährigen Krieg keine Arbeiten durchgeführt werden konnten.


Eine große Festung in solch hoher Lage muss sich für die Wasserversorgung etwas einfallen lassen, daher wurden mehrere Zisternen angelegt. Eine davon befindet sich mittig im Hof, die sogenannte Ludwigszisterne. In dieser können etwa 1,3 Millionen Liter Wasser gespeichert und mit 8 Pump- und Ziehbrunnen heraufbefördert werden. Heute ist die Wülzburg natürlich ans Wassernetz angeschlossen und die Zisternen wurden eine Zeit lang als Löschwasserreservoir genutzt. Neben der Zisterne befindet sich ein kleines Häuslein, welches aus dem 17. Jahrhundert stammt, aber 1814 umgebaut wurde und im 19. Jahrhundert sein Fachwerkobergeschoss bekam. Darin befand sich ursprünglich mal eine Küche, heute ist darin eine Gaststätte untergebracht. Es gab noch mehrere kleine Bauten im Inneren der Festung, diese sind heute aber nicht mehr erhalten.
Die Wülzburg wurde über die Jahrhunderte unterschiedlich genutzt. So war diese vom 17. bis ins 19. Jahrhundert Staatsgefängnis. 1806 ging die Festung in den Besitz des Königreichs Bayern über und das Kriegsministerium stationierte dort Teile ihrer Armee. 1882 wurde die Wülzburg Eigentum der Stadt Weißenburg. Im 1. Weltkrieg wurde diese dann als Kriegsgefangenenlager genutzt. Im Jahr 1929 wurde auf der Wülzburg das erste Schullandheim in Bayern eröffnet. Während des 2. Weltkrieges war die Festung ein Internierungslager. Im Fallgarten befindet sich heute noch der sogenannte Russische Friedhof, auf welchem die Gräber von 40 sowjetische Handelsmatrosen und auch das Grab des Prager Komponisten Erwin Schulhoff zu finden sind. Nach dem Krieg war es ein Flüchtlingslager und von 1952 bis 1968 war im Südflügel ein Altersheim untergebracht. Heute findet sich im Schlossbau eine Berufsschule zur sonderpädagogischen Förderung.
Die Wülzburg ist heute ein perfektes Ausflugsziel, der Außenrundgang und der Innenhof der Festung sind jederzeit zugänglich und von Mai bis Oktober gibt es zahlreiche Führungen ins Innere der Festungsanlage, Wehrmauern und Bastionen. Anschließend kann man in der Gaststätte „Burgwirt“ einkehren und sich stärken. Damit ist die Festung auf jeden Fall einen Besuch wert.
Verwendete Literatur:
- Kießling, Gotthard (Hrsg.): Stadt Weißenburg i. Bay. (= Denkmäler in Bayern Bd. V.70/2). München 2001.
- Biller, Thomas: Die Wülzburg. Architekturgeschichte einer Renaissancefestung. München Berlin 1996.
Internetquellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/W%C3%BClzburg
https://www.weissenburg.de/wuelzburg/
Abbildungen:
Wülzburg Luftaufnahme, Myratz in der Wikipedia auf Deutsch, CC BY-SA 3.0 DE, via Wikimedia Commons
Wülzburg Schloss, Tilman2007, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Wülzburg Tor, Dark Avenger, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Wülzburg Ludwigszisterne, HTilman2007, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons
Wülzburg Burgwirt, Tilman2007, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons