Eine Architektur mit interessanter Geschichte.
Was heute nur noch wenige wissen ist, dass Weißenburg einmal ein beliebter Kur- und Badeort war. Vom 16. bis zum Ende des 18. Jahrhunderts herrschte reger Badebetrieb in Weißenburg. Wie es dazu kam und warum es heute nicht mehr so ist, werdet Ihr in diesem Beitrag erfahren.
Im 16. Jahrhundert hat man vor der alten südlichen Stadtmauer (heute Wildbadstraße) eine Heilquelle erfasst und 1537 wurde über dieser ein Brunnenhaus erbaut. Im folgenden Jahr wurde neben diesem Brunnenhaus ein Badehaus errichtet, das sogenannte Wildbad. Im 17. Jahrhundert bestätigten 3 Ärzte aus der Umgebung die heilende Wirkung des Wassers in Weißenburg, somit durfte sich das Badehaus offiziell als “Heilbad” betiteln. Ein Gästebuch, welches seit 1663 geführt wurde, bestätigt die zahlreichen Besucher, darunter sind auch um die 100 herrschaftliche oder hochgestellte Personen. Man badete nicht in der Quelle selbst, sondern das Wasser wurde in Badewannen geleitet und dort meist auf Körpertemperatur erwärmt. Dadurch konnte man stundenlang die heilsamen Kräfte des Wassers auf sich wirken lassen, so lange wie es die Ärzte für sinnvoll hielten. Es ist bekannt, dass im späten Mittelalter die Ärzte eine Badekur von bis zu 10 Stunden am Tag verschrieben haben. Im 18. Jahrhundert jedoch waren es höchstens 2 Stunden am Tag.
Anfang des 19. Jahrhunderts kamen immer weniger auswärtige Badegäste ins Badehaus nach Weißenburg, die genauen Gründe sind nicht bekannt. So wurde dieses nur noch von Einheimischen als Badestätte benutzt. Die Gebäude wurden immer mehr vernachlässigt und wurden nicht mehr instand gehalten. Daher wurde ein Neubau beschlossen, welcher etwas weiter westlich vom ursprünglichen Standort errichtet werden soll. Inzwischen konnten im Wasser aber keine heilwirkenden Bestandteile mehr nachgewiesen werden, sodass anstatt einem neuen Heilbad “nur ein Volksbad” errichtet wurde. Am 6. Mai 1869 wurde das neue Gebäude eröffnet. Im Erdgeschoss war der Badebereich mit Gastronomie untergebracht und im Obergeschoss wurde ein Veranstaltungssaal eingerichtet, welcher uns heute als Wildbadsaal bekannt ist.

Der Neubau wurde im Stil der Neorenaissance erbaut. Der Haupttrakt mit dem großen Saal steht mit der Giebelseite zur Straße, dieser wird von zwei niedrigeren Flügelbauten flankiert. Die Fenster- und Türgewände sowie die Ecklisenen sind aus Naturstein und bilden den Baudekor des Gebäudes.
Nach dem 2. Weltkrieg errichtete die Stadt ein neues Volksbad, deswegen wurde der Badebetrieb im Wildbad endgültig eingestellt. Die Räumlichkeiten wurden seitdem als Wohnungen, Schulräume oder auch Verwaltungsräume genutzt.
Das Wildbad behielt über die Jahre seinen Namen, obwohl das ursprüngliche Heilbad mit seiner natürlichen Quelle zu einem Volksbad weiter westlich und später zu einem Veranstaltungsort wurde. Fun Fact: eigentlich werden heute nur Freibäder mit einer naturbelassenen Badestelle als Wildbad betitelt.
Verwendete Literatur:
- Kießling, Gotthard (Hrsg.): Stadt Weißenburg i. Bay. (= Denkmäler in Bayern Bd. V.70/2). München 2001.
Internetquellen:
Abbildung:
Wildbad Weißenburg, G8w, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons