Ein mittelalterliches Stadttor.
Neulich bin ich gedankenlos durch Weißenburg spaziert, als mich -ich vermute mal- Touristen nach dem Weg zum Ellinger Tor gefragt haben. Das Ellinger Tor ist nämlich eines der bekanntesten Sehenswürdigkeiten in Weißenburg. Deswegen wird es in diesem Beitrag um das ehemalige nördliche Stadttor gehen. Kleiner Funfact: in den Jahren 1964 und 1967 war das Ellinger Tor auf der 80-Pfennig Briefmarke der Deutschen Bundespost abgebildet. Es hat dadurch deutschlandweit Bekanntheit erreicht.


Heute hat das Stadttor nur noch historische und dekorierende Werte, doch im Mittelalter wurde dieses errichtet, um die Stadt vor Angreifern zu verteidigen. Angefangen wurde der Bau im 14. Jahrhundert und dieser dauerte bis ins 17. Jahrhundert fort. Die verschiedenen kennzeichnenden Stilelemente der Epochen lassen sich am Ellinger Tor sehr gut nachvollziehen, was ich im Folgenden versuche zu verdeutlichen. Der Torturm stammt aus dem 14. Jahrhundert und ist sehr massiv und gedrungen. Auf der Seite zur Stadt ist dieser schlicht und einfach gehalten. Die dicken Mauern und die kleinen Fenster erinnern an romanische Kirchenbauten. Jedoch darf nicht vergessen werden, dass der Turm eine Wehrfunktion hatte und deswegen die dicken Mauern benötigte und die kleinen Fenster boten weniger Angriffsfläche.

In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Vorwerk gebaut, bestehend aus einem Zwinger und einem Vortor. Der Zwinger ist ein begrenzter Raum zwischen dem Vortor und dem Turmtor. Dieser Zwischenraum ist mit einem einem hölzernen Wehrgang ausgestattet, wenn der Feind durch das Vortor in den Zwinger vorgedrungen war, so konnten die Verteidiger von oben die Feinde im beengten Raum leicht bekämpfen. Das Besondere am Vorwerk des Ellinger Tores ist das Vortor, welches seitlich mit zwei Türmchen begrenzt ist, denn dieses wurde kunstfertig verziert. Es ist zwar keine Seltenheit, dass Stadttore Bauschmuck hatten, vor allem aus Representationsgründen, aber in Weißenburg ist es das einzige Tor, welches prächtiger ausgestaltet wurde. Direkt über der Durchfahrt ist das Reichswappen in einer gotischen Architektur, welche durch seitlichen Strebepfeilern begrenzt wird, die in Filialen enden. Ein mit Krabben besetzter Giebel, welcher in einer Kreuzblume endet, enthält ein Relief im Giebelfeld, dieses zeigt einen Schmerzensmann und zwei Engel. Am linken Türmchen ist das Stadtwappen von 1481 (dies ist auch heute noch das Weißenburger Stadtwappen) und am rechten Türmchen das Stadtwappen, welches von 1241 bis 1481 gültig war.
Der Übergang von der Gotik zur Renaissance lässt sich gut an dem dekorativen Abschluss zwischen den beiden Türmchen über dem Wehrgang ablesen. So wurde noch gotisches Fischblasen Maßwerk ausgeführt (= Ornamentform, bei welchem ein Ende kreisförmig abgerundet ist und zum anderen spitz ausläuft), aber zwischen den Maßwerkfeldern befinden sich Hermenfiguren (= Säulen in menschenform, oft mit dem abgebildeten Wegegott Hermes, meist an Kreuzwegen zu finden) unter ionischen Voluten. Dies ist ein Rückgriff auf die Antike, welche maßgebliches Vorbild für die Stilelemente der Renaissance war.
Um 1600 wurden die beiden Kuppelhauben auf den beiden Türmchen gebaut und ab 1652 der Kuppelhelm auf dem Torturm. Kuppelförmige Dächer waren vor allem in der Renaissance sehr weit verbreitet (zum Beispiel der Petersdom in Rom), deswegen ist es nicht verwunderlich, dass wir diese auf den Türmen des Ellinger Tors wiederfinden.
Wenn Sie zufällig mal in der Schulhausstraße an der Ampel warten müssen, dann lohnt sich ein Blick nach rechts auf das Ellinger Tor. Ebenso ist das mittelalterliche Stadttor ein spannendes Ziel für einen Sonntagsspaziergang.
Verwendete Literatur:
- Kießling, Gotthard (Hrsg.): Stadt Weißenburg i. Bay. (= Denkmäler in Bayern Bd. V.70/2). München 2001.
- Schlegel, Arthur: Architektur und bildende Kunst im Weißenburger Land. Stadt Weißenburg. In: Sonderdruck aus dem Heimatbuch “Im Weißenburger Land”. München 1971.
Internetquellen:
http://wugwiki.de/index.php?title=Ellinger_Tor
https://de.wikipedia.org/wiki/Ellinger_Tor
https://www.weissenburg.de/sehenswertes/ellinger_tor-3066/
https://de.wikipedia.org/wiki/Zwinger_(Architektur)#Zwinger_vor_einem_Stadttor
Abbildungsnachweis:
Briefmarke 1964, scanned by NobbiP, Public domain, via Wikimedia Commons
Briefmarke 1967, scanned by Nightflyer, Public domain, via Wikimedia Commons
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