Eine mittelalterliche Architektur im Herzen der Altstadt.
Wir feiern heute das einjährige Bestehen von Augenblicke in Weißenburg! Daher möchte ich euch heute eines der prominentesten mittelalterlichen Gebäude Weißenburgs vorstellen, nämlich das Alte Rathaus. Mittig in der Altstadt steht das Alte Rathaus freistehend zwischen der Luitpoldstraße, der Rosenstraße und dem Marktplatz. Der Standort wurde aber nicht zufällig gewählt, denn dieser war der Schnittpunkt wichtiger mittelalterlichen Hauptverkehrsachsen und somit wohl einer der bedeutendsten Standorte des städtischen Organismus.
Erbaut wurde das Rathaus in den Jahren 1470 bis 1476 im spätgotischen Stil als Sandsteinquaderbau, nachdem 100 Jahre zuvor die Stadt Weißenburg 1377 den Eignungsbrief erhielt und somit eine Verfassung, welche die Aufteilung in einen Inneren und Äußeren Rat festlegte. Es ist wahrscheinlich, dass es einen Vorgängerbau an selber Stelle zum jetzigen alten Rathausgebäude gab, dies ist jedoch nicht eindeutig belegbar. Im Jahr 1567 wurde im Süden ein sogenannter Archivturm angebaut, welcher Aufbewahrungsort städtischer Urkunden war. Im Erdgeschoss befanden sich Verkaufsräume, im 1. Obergeschoss war ein großer Saal, welcher für gesellschaftliche Ereignisse genutzt wurde und im 2. Obergeschoss waren die Ratsstuben des Inneren und Äußeren Rates untergebracht. Im Laufe der Jahrhunderte erfuhr das Alte Rathaus im Inneren mehrere Umbaumaßnahmen.
Das Besondere am Alten Rathaus ist nicht nur sein Alter, sondern auch, dass die Fassaden weitgehend heute noch original sind und nicht barockisiert wurden. Denn dieses Schicksal erlitten sehr viele Häuserfassaden in Weißenburg. Und wie man vielleicht zwischen den Zeilen lesen kann, finde ich es sehr erfreulich wenn einem Gebäude eine barocke Umgestaltung erspart blieb und man den ursprünglichen Zustand erkennen kann.

Ich möchte euch in diesem Beitrag die Ost- und die Südfassade etwas genauer beschreiben, weil diese meiner Meinung nach die interessanteren Fassaden sind. Angefangen mit der östlichen Giebelseite, welche zur Luitpoldstraße gerichtet ist. Diese kann man auch als Hauptfassade betrachten, da sie am reichsten mit den gotischen Stilelementen verziert ist. Wie bei allen Fassaden sind die Sandsteinquader sichtbar und die Geschosse sind durch Gesimse optisch getrennt, das mittige Portal und die darüberliegenden Fenster im 1. Obergeschoss sind an der Ostfassade jedoch mit einem hochlaufendem Geschossgesims zu einer betonenden Einheit zusammengefasst. Im Erd- und im 2. Obergeschoss befinden sich stichbogige Fenster, im 1. Obergeschoss sind rechteckige Fenster verbaut worden. Dabei ist auf die nicht symmetrische Anordnung der Fenster hinzuweisen, dadurch können wir schließen, dass beim Bau die Verteilung der Fenster nach Funktion wichtiger war als das optische Erscheinungsbild (dies war bei repräsentativen Bauten wie ein Rathaus es ist oft nicht der Fall). Über die gesamte Giebelfläche verläuft mittig ein flacher Pfeiler, welcher in einem achteckigen Türmchen endet, dieser Pfeiler wird durch eine Uhr unterbrochen. Am Ortgang (= eine geneigt verlaufende seitliche Dachkante einer Dachfläche) entlang im Giebel sind spitzbogige Maßwerkblenden und senkrechte Lisenen als Stilelemente angebracht. Auf dem Dach am Ortgang entlang sind 12 Fialen mit Maßwerkblenden, diese sind auf Kante gestellt (das heißt, dass nicht die flache Seite eines Quaders die Hauptansichtsseite ist, sondern eine Kante).

Die Südfassade, welche zum Marktplatz gerichtet ist, ist deutlich schlichter als die Ostfassade. Diese ist geprägt von den Sandsteinquadern und den Geschossgesimsen. Das Hauptaugenmerk ist auf dieser Seite der später angebaute Archivturm, welcher sich an die bestehenden Stilelement anpasst. Am Turm über dem ersten Geschossgesims ist ein Relief mit dem Reichs- und dem Stadtwappen, dabei dienen zwei Ritter als Wappenhalter und ein Engel hält ein Schriftband mit der Jahreszahl 1567, dem Erbauungsdatum des Archivturmes. Ebenso befindet sich eine Sonnenuhr im 1. Obergeschoss des Turmes.
Wenn Ihr das nächste mal wieder am Rathaus vorbeiläuft, dann bleibt doch mal kurz stehen und seht euch die Fassaden etwas genauer an, denn es lassen sich viele kleine Details entdecken. Kleiner Hinweis, versucht doch mal am Archivturm den “Fenstergucker” zu finden.
Verwendete Literatur:
- Kießling, Gotthard (Hrsg.): Stadt Weißenburg i. Bay. (= Denkmäler in Bayern Bd. V.70/2). München 2001.
- Schlegel, Arthur: Architektur und bildende Kunst im Weißenburger Land. Sonderdruck aus dem Heimatbuch “Im Weißenburger Land”. München 1971.
Internetquellen:
Abbildungen:
Altes Rathaus Ostfassade, Weißenburg, Pedelecs, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons
Altes Rathaus Südfassade, Weißenburg, Tilman2007, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons